Grüne Wäsche(rei) in Berlin

Berlin Fashion Week

Grüne Wäsche(rei) in Berlin

Lea Schumacher am 15. Dezember 2019

Dieser Text ist eine persönliche Meinung und aufgrund der unsicheren Rechtslage in Deutschland muss ich diesen Artikel als Werbung kennzeichnen, auch wenn ich kein Geld hierfür erhalten habe.

Groß ist das Thema nun seit einiger Zeit und seit der Fridays For Future Bewegung aktueller denn je: Nachhaltigkeit. Doch wie findet sich das Thema in der Branche wieder, die höher die Umwelt belastet als sämtliche PKWs? Gibt es wirklich grüne Wäsche in Berlin oder wird die Wäsche auf der Berlin Fashion Week eher grün gewaschen?

Es gibt seit Januar 2019 die Neonyt in Berlin, eine Messe, die sich komplett dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben hat. Das ist schön und gut, doch ist dies nur eine von sechs Messen.

Wie sieht es mit den zwei größten Messen aus?

Vor allem die Premium Messe und die Panorama haben mit ihren Abteilungen/Hallen für nachhaltige Mode geworben.

Während die Premium Messe vor allem für ihr Image von hochpreisiger Mode bekannt ist, so ist die Panorama Messe vor allem für ihr Casualwear bekannt. Kleidung, die man einfach überall sieht.

Die Panorama Messe

Die Panorama Messe hat seit Jahren eine eigene Halle für grüne Mode und ist auch generell unter den Besuchern für die guten Fachvorträge der Modebranche (auch im Bereich Vertrieb und Marketing) bekannt. Sogar deutsche Politiker besuchen die Messe gerne, um sich einen grünen Anstrich oder einen Hauch von internationalem Flair zu geben, den sie sich von der exotischen Modebranche erhoffen.

Doch die Panorama Messe ist seit Januar 2019 nicht nur die Panorama. Die Panorama beherbergt seit dem Aufkauf auch die Selvedge Run. Eine Messe, die bekannt war für ihre strengen Auswahlkriterien bei den Ausstellern und einem Schwerpunkt auf Handwerk. Teilweise haben die Marken auf der Selvedge Run weitaus höhere Nachhaltigkeitsansprüche, als so manches „grünes Label“.

Was ist aus der Selvedge Run geworden?

Oder eher: „Was ist nur aus der Selvedge Run geworden?“ Ja, das ist der Gedanke, der jedem Fachbesucher durch den Kopf schießt, der die Selvedge Run noch vor ihrer Fusion mit der Panorama kannte.

„Wir sind ein Streichelzoo für die Besucher“, hörte man von einigen der Aussteller, die traditionell auf der Selvedge Run präsent waren. Und in der Tat, wenn man sich umschaute, so verstand man, was gemeint war. Nachdem die Besucher den Zugang zur Panorama bekamen, konnten sie durch die Reste der Selvedge Run schlendern und die Einkäufer, die ihren Fokus auf Bekleidung im unteren/mittleren Preissegment haben, konnten Jeans auf dem höchsten qualitativen Stand und den allerhöchsten Ansprüchen für die Umwelt bewundern mit einem Bruttoverkaufspreis von ca. 250€… und sie somit nicht einkaufen. Tatsächlich wie ein Streichelzoo voller süßer Kaninchen, während die Kinder eigentlich nur den Löwen sehen wollen. Ob er nun eine gefakte Polyester-Mähne hat oder nicht.

Wenn man also einen Visionär, wie Guido von Blaumann Jeanshosen, mit einem frustrierten Lächeln dort stehen sieht, fragt man sich, was die ganze grün Wäscherei soll. Das allerdings auch eher zynisch und rhetorisch. Denn die Frage beantwortet sich selbst. Das Image eines großen Konzerns wird durch die ausgezeichnete Arbeit dieser kleinen Firmen grün gewaschen. Image ist alles. So war es schon immer und vor allem in der heutigen Zeit, wo die Menschen mit gefährlichem Halbwissen per digitalem Abruf und viel Motivation sich zu profilieren, frei rumlaufen.

Auf die Frage, ob nicht die Neonyt eine Alternative für die Labels von der Selvedge Run wäre, antworteten die Befragten einhellig, dass die Neonyt nach den Maßstäben zum einen nicht streng genug in Bezug auf die Produktionsbedingungen sei – auch wenn es da so einige Marken gibt, die ähnlich streng wie die Selvedge Runner sind – und zum anderen Berlin ein immer unattraktiverer Standort generell für sie würde.

Mehr zu einzelnen Marken der Selvedge Run und dem subjektiven Eindruck über die Entwicklung der Fashion Week in Berlin in anderen Artikeln.

Die „grüne Halle“

Wer auf Instagram moabitpoison folgt, konnte sich in einem Live Video von der von Politikern hochgelobten Halle einen eigenen Eindruck machen. Beziehungsweise von der halben Halle.

Im hintersten Bereich der wirklich großen Panorama Messe war sie versteckt, wie ein Familienmitglied, für das man sich schämt, aber das man nicht los wird.

Die Halle für grüne Mode war noch nicht einmal zur Gänze für nachhaltige Labels genutzt. Zwischen Spanholzplatten waren die Vertreter der Marken eingepfercht. Leinen, Biobaumwolle und Kork weinten einem geradezu entgegen und der Gedanke an Fotos kam gar nicht erst auf.

Nein, stattdessen ärgerte man sich geradezu, wie in der heutigen Zeit der Anteil von nachhaltig produzierter Mode in einer der größten Modemessen der Berlin Fashion Week so klein sein kann und dann auch noch mit so wenig… Liebe behandelt wird. Wenn wenigstens die Qualität des Messekonzepts die Quantität in gewisser Weise ausgeglichen hätte. Dass die grünen Marken auch den Einkäufern so präsentiert worden wären, dass diese auch schließlich dem Konsumenten angeboten würden und so nachhaltig den Markt beeinflussen würden. Doch so findet der Kunde sie entweder nur in den Untiefen des Internets oder in speziellen Geschäften.

Dass die Panorama auch Mode gut präsentieren kann, konnte man immer wieder bei allen anderen Hallen beobachten, was die Angelegenheit auch nicht besser machte.

Dennoch…

… muss man trotz aller Kritik zugeben, dass sich die Panorama Messe nicht erst seit Greta mit dem Thema nachhaltige Mode beschäftigt. Ganz im Gegenteil.

Schon seit vielen Jahren beherbergt sie ihre Halle für Grüne Mode und beschäftigt sich auch in Vorträgen und durch besondere Labels ernsthaft mit dem Thema nachhaltige Mode. Man würde sich nur wünschen, die Panorama Messe würde mehr aus dem machen, was sie bereits hat und es stärker fördern.

Denn nachhaltige Mode ist nicht gleich vegane Mode. Zumeist ist sogar die sogenannte vegane Mode langfristig weitaus schädlicher für die Umwelt als so manche nicht vegane Mode, deren Produktion und spätere Auswirkung auf die Umwelt schlicht und ergreifend gut durchdacht ist. Mit diesem Thema setzte sich die Panorama Messe bereits im Januar 2015 auseinander.

Doch dies ist ein weites Feld und kann an anderer Stelle mal genauer betrachtet werden. In der Zwischenzeit empfiehlt dir moabiterpflanze einmal den Artikel von Elewisa Young für Ecologist und den Artikel von Phoebe Weston für DailyMail Online.

Die Premium

Die Premium Messe ist die wohl bekannteste Modemesse der Berlin Fashion Week.

Diesen Sommer kündigte sie groß ihren Sonderbereich mit Diskussionspodium und Vorträgen in der Haupthalle für grüne Mode an.

Die Zukunft sollte im Fokus stehen.

Big Show

Wie immer auf der Premium war es optisch großartig aufgezogen. Mit markigen Sprüchen, die die Motivation zur Nachhaltigkeit betonten, Fischernetzen und vielen Plastikflaschen.

Neben den Platzhirschen dieser Branche, wie Armed Angels und Ecoalf fanden sich auch kleine Labels wie zum Beispiel Komana, Mahla Clothing, Marina Shain und The Loop Art und Agenturen wie DS Agency, die sich auf das Thema Nachhaltigkeit und fair bezahlte Mode konzentrierten.

Man merkte, dass dies der Kern dieser Saison auf der Premium sein sollte.

Groß war das Marketing und die Begeisterung riss einen im ersten Moment mit und dann… begann man sich das Ganze genauer anzuschauen.

Ähnlichkeiten und Geschmäckle

Die Premium ist wie die Panorama eine sehr große Messe und wie bei der Panorama liegt ihr eigentlicher Schwerpunkt nicht auf nachhaltiger Mode.

Wie bei der Panorama nimmt der Bereich für die nachhaltige Mode nicht einmal eine ganze Halle ein und wenn man länger bei den grünen Labels verweilte, so bekam auch hier das Brimborium ein gewisses Geschmäckle.

War diese Premium die Einzige für eine längere Zeit, in der es einen Bereich für Nachhaltigkeit gab und geben wird? War es ein einmaliger Marketing Clou?

Publikum erreicht

Bei aller Kritik fiel jedoch auf, dass es im Fall der Premium eindeutig gelungen ist, das Publikum für das Thema Nachhaltigkeit zu gewinnen.

Teilweise war an einzelnen Ständen kein Durchkommen zu schaffen, doch wie hoch letztendlich die Verkaufszahlen waren, ließ sich nicht genau sagen.

Trotz dessen blieb der Eindruck, dass es sich hier unglücklicherweise um eine große PR Angelegenheit mit wenig Inhalt handelte.

Dennoch blieben hier Teile des Publikums stehen, um sich ernsthaft mit dem Thema anhand von Informationstafeln und kleineren Vorträgen auseinanderzusetzen. Hier unterscheidet sich der Eindruck stark von der Panorama Messe.

Liegt der Unterschied möglicherweise in der unterschiedlichen Aufmachung? Dies ist nur eine Vermutung, aber es ist dennoch wahrscheinlich.

Ausblick, Wünsche, Hoffnung

Für die Panorama ist nicht alle Hoffnung verloren.

Januar 2020 wird sie zum ersten Mal im Flughafen Tempelhof stattfinden und möglicherweise wird sich auch etwas in der Ausrichtung in Bezug auf grüne Mode etwas verändern.

Vielleicht etwas mehr von dem PR Anteil der Premium Messe und noch mehr Vorträge zu dem Thema oder zumindest stylische Informationstafeln, wie man sie bei der Premium und Neonyt schon sah, wären wirklich gut. Jeder glaubt vieles zu Wissen und hat trotzdem nur gefährliches Halbwissen.

Nach allem, was von der nächsten Premium Messe bekannt ist, wird es wahrscheinlich keine Abteilung für nachhaltige Mode geben. Das ist unglücklich, aber eben so.

Es bleibt zumindest noch die Neonyt, aber ist dennoch nicht schön.

Das Gefühl von grün Wäscherei – von Green Washing – bleibt.

Das Thema ist zu wichtig, um einfach nur zu Marketing Zwecken missbraucht zu werden.

Doch die Hoffnung bleibt. Denn wenn es eine Kontinuität in der Mode gibt, dann ist es die Veränderung.

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